Freitag, 13. Mai 2016

86.400 - Ein Gedankenexperiment

Ich möchte, dass du mich bei einer kleinen Gedankenreise begleitest: Stell dir vor, du bekämst eine Art Rente. Jeden Tag schneien 86.400 Euro auf dein Konto. 24 Stunden kannst du darüber verfügen und darfst dir leisten, was du willst. Weder fragt jemand, wie du die Kohle ausgibst noch nach dem Nutzen daraus. Die Krux an der Sache: Der Teil, den du nicht verprasst und alles Materielle, das du angeschafft hast, löst sich Punkt Mitternacht in Luft auf. Genau einen Augenblick später geschieht aber das eigentliche Wunder. Plötzlich besitzt du erneut den vollen Betrag. Es passiert regelmäßig, pünktlich und zuverlässig, solange du lebst. Wäre das nicht fantastisch?

Der Taschenrechner verrät, dass dein Einkommen im Idealfall circa 31 ½ Millionen Euro pro Jahr betrüge. Dann nämlich, wenn du es schaffen würdest, das Geld jeden Tag komplett unter die Leute zu bringen. Gar nicht so einfach denkst du und hast sicher recht. Menschen, die tatsächlich so viel verdienen, gibt es. Sie stapeln ihr Geld gewöhnlich, vergrößern damit ihre Macht und ihren Einfluss und die Geschwindigkeit, mit der der Geldhaufen wächst. Die meisten jedenfalls. Du hingegen könntest es lediglich mit vollen Händen ausgeben. Du könntest in einem Luxushotel wohnen, in Champagner baden, zum Frühstück schon Kaviar essen, zum Mittag Perlhuhn und am Abend edelsten Fisch. Investitionen allerdings lohnten sich nicht, weil sie Punkt Mitternacht ja wieder verschwinden. 

Eine Zeitlang wäre das für dich sicher trotzdem großartig. Aber wie alle Großartigkeiten, die uns Menschen dauerhaft widerfahren, wird der Luxus bald Gewohnheit. Du wärest gelangweilt und würdest dich fragen, wie du deinem Leben mehr Sinn verleihst. Aber wie nur, wenn du absolut nichts anschaffen kannst?

Eine Sache kommt mir in den Sinn. Eine die sich nicht auflöst, um null Uhr. Stell dir vor, du kaufst Nahrung, Riesenberge. Reis, Mais, Weizen, Milchpulver, Obst und Gemüse. Und dann gibst du sie den Menschen, die Hunger haben. Denen die nicht wissen, wie ein Brot aussieht oder die schon lange keine warme Suppe mehr hatten. Das Lächeln und das gute Gefühl eines gefüllten Bauches nimmt niemand weg, nicht mal um Mitternacht. Vielleicht bringst du auch Kinder zum Lachen. Die Clowns, die du dafür bezahlst, tun ihr Bestes um jeden Sprössling der Stadt 10 Minuten strahlen zu lassen. So etwas bleibt; dir und ihnen. Und sehr wahrscheinlich macht es dich froher, als ein eigenes Leben in Saus und Braus.

Es hilft also offenbar, dem Tag einen Sinn zu geben. Weil Empfindungen, die du verschenkst, überleben und keiner kann dir die Freude darüber nehmen. Alle noch so tollen materiellen Dinge hingegen verschwinden einfach irgendwann wieder. Wie in dieser Fantasie um Mitternacht oder im echten Leben, wenn sie verschlissen sind. 

Aber warum spiele ich dieses dumme Spiel mit dir? 
Was soll der Quatsch?

Die Antwort ist simpel. Wir haben ein solches Konto, alle. Nur wird es um Mitternacht nicht mit Euros, Dollar oder Franken gefüllt, sondern mit Zeit. Jeder Tag bietet uns 86.400 Sekunden, die wir sinnvoll nutzen können, oder verplempern. Wir füllen sie entweder mit etwas Bleibendem oder mit Schnickschnack, der vergeht. Ganz nach Belieben. Ungenutzt verfallen sie, genau um null Uhr. Was glaubst du fühlt sich abends im Bett besser an? Das Lachen der Kinder in deinem Kopf? Das Strahlen desjenigen, der keinen Hunger mehr hat? Oder ein Ferrari, der im Moment gerade wieder aus deiner Garage verschwindet. Denk einfach mal darüber nach, wie du deine Sekunden nutzt.

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