Montag, 2. März 2015

Bucket List

Vor sieben Jahren kam der Film „Bucket List“ aus einer der Traumfabriken Hollywoods in unsere Kinos. Jack Nicholson und Morgan Freeman spielten darin ein saukomisches Freundespaar, welches todtkrank, seinem Ende entgegen trudelte, jeder für sich und doch gemeinsam. Sie taten das mit allem Klamauk, den ein mit Reichtum gesegnetes Leben ermöglicht, allerdings stets auch mit der nahen Endlichkeit ihres Daseins konfrontiert. Jack Nicholson gab den stinkreichen Eigentümer des Krankenhauses, in dem er jetzt sterben sollte, Morgan Freeman einen Autoschlosser.

Auf Deutsch bedeutet der Name des Films „Eimerliste“. Das ist natürlich Quatsch. Mit Eimern hat das Ganze nichts zu tun. Wohl aber mit einer Liste. Die Phrase bezeichnet eine Sammlung von Wünschen, die man sich vor dem Tod noch erfüllen möchte. Man sammelt darin unerfüllte Träume: Den Sprung mit dem Fallschirm, die Fahrt im Ferrari, die Reise zum Nordkap oder auch nur einmal auf der Zugspitze zu stehen. Jeder hat irgendeine Sehnsucht dieser Art, die meisten mehrere. Genauso ging es den beiden Protagonisten des Films und sie lebten alles aus, ernst und komisch, bis zum traurigen Ende.

Vor einigen Wochen sah ich den Film zum zweiten Mal. Danach nahm ich mir vor, meine „Bucket List“ zu schreiben. Der einzige Teil des Lebens, über den ich mir nämlich zu 100% sicher bin, ist mein irgendwanniges Ende. Es wäre schön, dachte ich, wenn bis dahin ein Teil unerfüllter Wünsche erfüllt wären. Vielleicht auch alle? Ich saß also vorm Bildschirm und klickte im Textprogramm das Symbol für Aufzählungszeichen. Das Sternchen auf der linken Seite des virtuellen Blattes und der blinkende Cursor warteten, dass ich den ersten „Lebenswunsch“ formuliere.

Langsam begann es zu tröpfeln und kurz drauf überfiel es mich wie ein Sturzbach: Will ich nun zum Machu Picchu oder nicht? Zum Ayers Rock? Der Jacobsweg gehört definitiv dazu. Wirklich? Nepal? Rishikesh in Indien? Mit meinen Freunden segeln gehen? Unbedingt. Tauchen in Sipadan? Yes! Viel Zeit mit einem geliebten Menschen verbringen. Auch yes! Ans Mittelmeer wandern? Auf jeden Fall. Ein Jahr in Rom wohnen. Nochmal Marathon laufen. Eine zweite Weltreise. Spanisch lernen. Die Panamericana fahren. All das und noch etwas mehr, landete auf meiner Bucket List. Schon nach den ersten Punkten aber kamen mir Zweifel. Brauche ich das alles? Schließlich will ich minimalistisch leben. Auf einmal dachte ich „Blöde Übung“ und klappte den Compu zu. Wozu der ganze Kram? Macht mich das glücklich? Bringt es mich weiter? Ja, tut es. Nein, tut es nicht. Die Antwort pendelte hin und her. Dann kam mir die Idee. Ich muss filtern, herausfinden, wo meine „Prioritäten“ liegen? Mindestens die Punkte mit der höchsten Priorität müssen sein. 

Ich markierte also die ganze Liste und änderte die Aufzählungszeichen in eine Nummerierung. Siebzehn Zahlen kündeten nun von ebenso vielen unerfüllten Träumen. Siebzehn Mal drei macht einundfünfzig. Ein Wunsch pro drei meiner gelebten Lebensjahre. Nochmal werde ich keine 51 Jahre leben - vermutlich. Also muss ich bei der Umsetzung schnell sein und ich muss mich entscheiden, was wichtig ist und was nicht. Also begann ich zu sortieren. 

Aber wo liegen meine Prioritäten? Was genau bedeutet dieses Wort überhaupt? Irgendwie nervt es jedenfalls. Wenn ich daran denke, spüre ich Unruhe und bekomme das Gefühl, etwas nicht erledigt zu haben. Prioritäten treiben mich an und sie sagen mir, dahinter kommt noch mehr, Unerledigtes, Arbeit. Ich googelte das Wort und was ich fand, überraschte mich. Den Plural von Priorität gibt es erst seit ungefähr zwanzig Jahren. Bis dahin verwendete man nur den Singular. Leuchtet irgendwie auch ein. Die Bedeutung des Wortes ist „das Wichtigste“. Und wie viel wichtigste Dinge kann es schon geben? Eins natürlich. Entstanden ist die Pluralität durch das „Multitasking“, den Versuch mehrere dringende Aufgaben zur gleichen Zeit zu lösen. Mittlerweile wissen wir, dass dies Blödsinn ist. Niemand kann schneller und sinnvoller zwei Sachen gleichzeitig erledigen, als nacheinander. Weder Männlein noch Weiblein. Es geht einfach nicht. Man muss also herausfinden, was das „Wichtigste“ ist, es machen und danach das Nächste und so weiter.

Zurück zum Film „Bucket List“. Die beiden todkranken Jungs hatten etliche Punkte auf ihrer Liste. Wo aber lagen ihre Prioritäten? Da gab es nur eine. Sie wollten sich ihre Wünsche erfüllen, und damit die verbleibende Lebenszeit bereichern, ihr vielleicht sogar noch einmal eine Art Sinn geben. Leben und Erleben - der Wortstamm klingt ähnlich und ich denke, genau hier liegt der Hase im Pfeffer. Ich werde also einen Teufel tun und meine Träume priorisieren. Das wäre falsch. Total. Stattdessen will ich versuchen meine „Eimerliste“ zu leeren. Er ist nämlich schön der Singular, nicht nur weil er keine „Prioritäten“ kennt. Mach einfach dich und dein Leben zum Wichtigsten und frag dich bei jedem Wunsch und jeder Entscheidung „Ist das gut für mich?“ Und sobald die Antwort ja lautet, dann spring, ohne zu zögern.

Danke fürs Lesen.
Jürgen